BEGEGNUNGEN AM ROTEN TEPPICH
Das klingt romantisch, intim und privilegiert. Die wirkliche Arbeitswelt der Presse Fotografen ist eine andere.
Eine martialische.
Ich setzte mich dem Druck am Roten Teppich nicht aus und verschanzte mich absichtlich in die 2. Reihe zwischen die Kameras und Stative der anderen Journalisten. Ich rief nicht die Namen der Stars, wartete stattdessen Momente ab, die einem Blick durchs Schlüsselloch gleich kommen, fast heimlich und dadurch geheimnisvoll.

KOLUMNE
Es ist kalt. Die Kleiderordnung sieht vor, sich schwarz und unauffällig zu kleiden. Das Tragen von Hüten ist verboten, das versperrt den Kollegen die Sicht. Die Stimmung ist feierlich, aber angespannt. Ich gehe es lässig an, ich möchte sowieso keinen Platz in der 1. Reihe. Meine Mission ist eine andere als die der Presse Fotografen. Ich bin dennoch wie sie auf der Jagd, bewaffnet mit meiner Kamera und einem normalen Zoom Objektiv. Niemand weiß, wer gleich aus den verdunkelten Limousinen steigt. Ich erkenne an der Lautstärke des Fangeschreis, ob wir noch in Deutschland sind oder schon in Hollywood.
Die Stars, egal ob deutsch oder international, kennen sich aus. Sie posieren erst ganz vorn, dann weiter mittig, dort dann zu allen Seiten der Fotografenlager, die gestapelt das Bild einer Teleobjektivpyramide abgeben. Einige stehen auf mitgebrachten Leitern. Die Stars reagieren auf die lauten Rufe der Fotografen. Die Rufe klingen vertraut, man könnte meinen, man kennt sich. Wünsche nach bestimmten Posen werden erfüllt, auch ein weiteres Mal zu allen Seiten. Klassisches Blitzlichtgewitter mischt sich jetzt mit hektischem Geschrei. Ich warte ab. Ich warte bis die Fotografen haben, was sie brauchen. Dann nämlich entspannen sich die Stars. Sie turteln und begrüßen sich gegenseitig, umarmen sich und halten einen Plausch. Das ist mein Moment. Ich bin am Ziel und drücke ab.
ARTWORK ISSUE
Die Artwork Issue für Berlinale Anhänger, Filmjunkies, Hollywoodfans, Cineasten, Artworklover, Collectors.
Das Fotografieren am Roten Teppich auf einem angesehenen internationalem Event wie der Berlinale ist wenig prestigeträchtig, im besten Fall eine, von Konventionen geprägte, Dokumentation und die Arbeit von Presse Fotografen, notfalls unter Einsatz von „Ellbogen“. Eine künstlerische Umsetzung des Geschehens im Sinne einer narrativen Bildstrecke liegt hier eher außerhalb des Fokus, ist aber nicht unerreichbar. Sie ist unter bestimmten Voraussetzungen möglich. Ich nutzte diese Möglichkeit, in dem ich mich „abseits“ der Pressefotografen positionierte, dem Moment des Auslösens der Kamera jenen Raum gab, den er benötigte, um sich Aufnahmen zu nähern, die eine Geschichte erzählen und eine andere Ästhetik hervorbringen als gestellte Posen und Einheitslooks. Die Aufnahmen sind das Resultat des Streifzugs durch die Berlinale Landschaft aus den Jahren 2018 bis 2020.